23.06.2015:
Appell gegen Diskriminierung HIV-Positiver im Gesundheitswesen
20.11.2014 – Deutsches Ärzteblatt:
Es macht Sinn, hochpreisige Therapien in die Hände spezialisierter Ärzte zu legen
Interview mit Dr. Baumgarten
01.11.2014:
Strukturvertrag in Nordrhein zur Verbesserung der HCV-Versorgung in Kraft getreten
07.10.2014:
Stellungnahme zur Hepatitis C-Therapie
06/2014 – Connexi:
Erstmals qualitätsgestützte HCV-Behandlung aus Spezialisten-Hand
Interview mit Dr. Baumgarten
04/2013 – Connexi: Interview mit Vorstandsmitglied Dr. Stephan Klauke:
„HIV-Versorgung lebt bereits die Kerngedanken der ASV“
Die Rahmenbedingungen für die HIV/Aids-Behandlung sind aktuell gut. Durch die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) kündigen sich aber auch Neuerungen an. Interview mit Dr. Stephan Klauke, Vorstand der dagnä, über den Status Quo in der Behandlung und versorgungspolitische Herausforderungen.
Herr Dr. Klauke, wie stellt sich gegenwärtig die HIV-Versorgung in Deutschland dar?
Die Versorgung stellt sich durchaus erfreulich dar – sowohl was die Qualität als auch die bundesweite Erreichbarkeit anbetrifft. Internationale Vergleiche zeigen, dass wir uns nicht verstecken müssen: Nahezu alle Patienten werden leitliniengerecht behandelt, was sich auch in stark gesunkener Mortalität zeigt. Die meisten HIV-positiven Patienten leben in den großen Ballungszentren. Die Behandlung erfolgt weit überwiegend ambulant durch spezialisierte HIV-Schwerpunktpraxen, die Knowhow und Erfahrung bündeln. Die in der dagnä organisierten Praxen betreuen dabei ca. 75 % der HIV-Patienten in Deutschland. Die übrigen werden von hochspezialisierten Klinikambulanzen, mit denen die dagnä eng vernetzt ist, betreut. Trotz dieser erfreulichen Fortschritte ist HIV/Aids aber nach wie vor ein sehr komplexes Krankheitsbild, das besonderes medizinisches Wissen voraussetzt. Aktuell sind zudem HIV-assoziierte Komorbiditäten wie Hepatitis C leider auf dem Vormarsch.
Was ist dabei für die HIV-Schwerpunktpraxen ausschlaggebend?
Ein HIV-Schwerpunktbehandler betreut im Schnitt über 200 Patienten im Quartal. Um die heutige qualitativ hochwertige Versorgung überhaupt erst zu erreichen, waren die 2009 eingeführten einheitlichen EBM-Ziffern ein Meilenstein. Diese sind im GKV-Bereich zweifellos ein ganz wichtiger Baustein. Zugleich sind sie verbunden mit einer Qualitätssicherungsvereinbarung, die Erfahrung und Qualifikation der behandelnden Ärzte sicherstellt. Die HIV-Therapie ist sehr beratungsintensiv: Themen sind nicht nur das Krankheitsbild und die antiretrovirale Therapie, sondern auch vielfältige Komorbiditäten und, ganz wichtig, die Adhärenz der Patienten. EBM und Qualitätsvereinbarung schaffen für diese Art der „sprechenden Medizin“ und damit die erreichten Erfolge in der Behandlung überhaupt erst die Grundlage.
Dennoch scheint die Versorgung mit der Einführung der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung vor einem Umbruch zu stehen: Wie ist HIV/Aids betroffen?
Mit dieser sogenannten ASV will der Gesetzgeber die Behandlung von besonderen und seltenen Erkrankungen verbessern. Interdisziplinarität und sektorenübergreifende Zusammenarbeit sind die Kerngedanken. Als schwere Verlaufsform einer Erkrankung mit besonderen Krankheitsverläufen wird teilweise auch HIV/Aids betroffen sein. Grundsätzlich lebt allerdings schon heute die HIV-Versorgung die Kerngedanken der ASV: Es gibt bereits – meistens auf regionaler Ebene – die Vernetzung mit den Unikliniken, mit den Neurologen, mit den Dermatologen und den Gynäkologen.Gegenwärtig wird die ASV im Gemeinsamen Bundesausschuss beraten. Spannend wird, was dort zum Behandlungsumfang, zu den sächlichen und personellen Anforderungen etc. beschlossen wird: Je nach Ausgestaltung ist eine weitere Optimierung der Versorgung für die Patienten möglich. Für uns ist wichtig, dass die gegenwärtige Versorgung nicht gefährdet wird, denn schon jetzt ist klar, dass eine flächendeckende Versorgung nur mit dem EBM und der Qualitätsvereinbarung sichergestellt werden kann.
Ab wann gelten die ASV-Bedingungen?
Es gibt noch viele zu klärende Fragen der Ausgestaltung, bis vielleicht in der 1. Jahreshälfte 2015 die ASV für HIV/Aids in Kraft tritt. Es ist möglich, dass die neuen Regelungen ohnehin nur für größere Zentren und für Klinken relevant werden, da sich die ASV auf Patienten mit schweren Verlaufsformen von HIV/Aids konzentrieren wird. Als dagnä wollen wir zusammen mit der Deutschen AIDSGesellschaft versuchen, bei den komplexen medizinischen Fragen unser Knowhow einzubringen.
Werden in die ASV auch Hausärzte einbezogen?
Aus historischen Gründen erfolgt die HIV-Versorgung sowohl durch haus- als auch durch fachärztlich tätige Kollegen. Wir sind froh, dass dank einer Ausnahmeregelung im Gesetz auch HIV behandelnde Hausärzte sich an der ASV beteiligen können. Hierfür hatten wir uns eingesetzt.
Das Gesundheitswesen wird zunehmend über Selektivverträge gesteuert. Erst kürzlich hat auch die dagnä einen Direktvertrag abgeschlossen. Mit welchem Ziel?
HIV/Aids ist eine Erkrankung, die den behandelnden Arzt als Spezialisten wegen der Komplexität und auch durch die hohen Therapiekosten fordert. Dies spüren zunehmend auch die Kostenträger. Die dagnä hat im Sommer 2013 mit einem privaten Krankenversicherer einen Vertrag abgeschlossen, der helfen soll die Qualität der Behandlung zu optimieren. Dabei wurde insbesondere die Möglichkeit einer spezialärztlichen Zweitmeinung vereinbart, um der Komplexität der Erkrankung Rechnung zu tragen. Es wird für den Patienten also zu einer Verbesserung der ärztlichen Versorgung kommen. Aber auch Ärzte und Krankenversicherung können so profitieren. Noch handelt es sich um ein Pilotprojekt – wir sind aber überzeugt, Qualität und auch Wirtschaftlichkeit erhöhen zu können.
Selektivverträge also als weiterer Baustein der Versorgung?
Grundsätzlich sollen Selektivverträge in der GKV Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung gerade im Vergleich zum Kollektivvertrag verbessern. Bei anderen Indikationen gibt es ja bereits vielfältige Modelle der Integrierten Versorgung und Facharztverträge. Diese sind auch im HIV-Bereich denkbar: In Ergänzung zum EBM kann so die Versorgung weiter optimiert werden mit Nutzen für Patienten wie für die Vertragspartner. Grundlage muss dabei aber immer die ärztliche Therapiefreiheit bleiben. Großen Handlungsbedarf sehen wir bei chronischen Virushepatitiden, insbesondere Hepatitis C, die ebenfalls oft in dagnä-Praxen behandelt werden. Die Krankenkassen stehen hier vor großen Herausforderungen, zugleich sind die Versorgungsstrukturen nicht ausreichend. So ist eine Qualitätssicherungsvereinbarung wie bei HIV überhaupt nicht absehbar. Die Qualität in der Versorgung muss hier dringend verbessert werden – Selektivverträge können dabei eindeutig eine Hilfe sein. Die dagnä sieht sich hier zusammen mit dem Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen in der Pflicht, Konzepte zur Umsetzung mit Krankenkassen zu entwickeln.
Herr Dr. Klauke, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Elke Klug.
Das Interview erschien im Connexi-Konferenzbericht 4/2013. Wir danken dem Herausgeber und Verlag The Paideia Group für die Möglichkeit der Wiedergabe.